Tiefe Besorgnis bei Mittel- und Osteuropas Unternehmen
Die anhaltend schwache Konjunktur in Europa, die hohe Inflation sowie der Krieg zwischen der Ukraine und Russland hinterlassen bei den mittel- und osteuropäischen Unternehmen ihre Spuren. „60 Prozent der Unternehmen gehen davon aus, dass die anhaltende wirtschaftliche Belastung in den nächsten zwölf Monaten zu einem Anstieg der Insolvenzen führen wird“, sagt Thomas Langen, Senior Regional Director Deutschland, Mittel- und Osteuropa beim internationalen Kreditversicherer Atradius. Das ist das Ergebnis des aktuellen Atradius Zahlungsbarometers für Osteuropa (Central and Eastern Europe, CEE). Befragt wurden mehr als 1.700 inländische und ausländische Lieferanten aus Bulgarien, der Tschechischen Republik, Ungarn, Polen, Rumänien, der Slowakei, Slowenien und der Türkei.
Während drei von fünf CEE-Unternehmen in den kommenden Monaten konkret einen Anstieg der Insolvenzen bei ihren B2B-Kunden erwarten, rechnen fast 33 Prozent mit kurz- und langfristigen Herausforderungen, die das gesamte Geschäftsumfeld prägen werden. Dies erklärt, warum zehn Prozent mehr CEE-Unternehmen als im vergangenen Jahr den Schwerpunkt auf ein strategisches Kreditrisikomanagement legen, um ihre finanzielle Position abzusichern. Das Atradius Zahlungsmoralbarometer belegt jedoch auch, dass sich die Unternehmen in Osteuropa grundsätzlich als widerstandsfähig und anpassungsfähig einschätzen, wenn es darum geht, das schwierige wirtschaftliche Umfeld zu meistern.
Die Angst vor steigenden Insolvenzen spiegelt einen Trend in ganz Europa wider, da die gleiche Anzahl westeuropäischer Unternehmen diese Befürchtungen teilt. „Die Erwartung eines erhöhten Insolvenzrisikos, das sich auf das Geschäft auswirken kann, unterstreicht die finanziellen Herausforderungen, mit denen Unternehmen in den kommenden Monaten rechnen müssen“, betont Thomas Langen. Die Folge dieser Entwicklung: Die Unternehmen legen ihren Fokus auf die Verbesserung des Kreditrisikomanagements, um ihr Wachstum zu unterstützen, den Cashflow zu verbessern und die Rentabilität zu schützen – und dass bei anhaltendem wirtschaftlichem Druck auf das Geschäft.
Deutlich wird das auch in der Entwicklung des Kreditversicherungsgeschäfts: Die Zahl der Unternehmen in Osteuropa, die sich für eine Kreditversicherung und damit gegen eine Eigenversicherung entschieden haben, ist in den vergangenen zwölf Monaten um zehn Prozent gestiegen. 56 Prozent der Unternehmen, die B2B-Forderungen versichert haben, gaben an, dass ihnen das dabei hilft, Rücklagen für uneinbringliche Forderungen zu verringern und Betriebskapital freizusetzen, das für das operative Geschäft und Investitionen verwendet werden kann. Investitionen sind in der Regel der Bereich, der am stärksten von den Auswirkungen eines Forderungsausfalls auf das Unternehmen betroffen ist. Das wird inzwischen von mehr als jedem dritten Unternehmen in CEE als Belastung wahrgenommen.
Ein solcher proaktiver Ansatz für ein verbessertes Kreditrisikomanagement, der auch die verstärkte Nutzung von Factoring und Akkreditiven (ein Vertrag mit einer Bank, der garantiert, dass ein Käufer einen Verkäufer pünktlich und in der richtigen Höhe bezahlen wird) einschließt, belegt die Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit der CEE-Unternehmen in einem derzeitig schwierigen wirtschaftlichen Umfeld. Daher sind auch 34 Prozent der befragten Lieferanten im Hinblick auf das Zahlungsverhalten ihrer B2B-Kunden im kommenden Jahr optimistisch. Thomas Langen: „Die strategische Verlagerung hin zu einem verbesserten Kreditmanagement hilft den Unternehmen, das erhöhte Risiko von Zahlungsverzug und Forderungsausfällen zu mindern. Dadurch verbessert sich die Zahlungsmoral der Unternehmen, selbst angesichts eines potenziellen Anstiegs von Insolvenzen, von denen vor allem finanziell schwächere Firmen betroffen sind.“
Das Atradius Zahlungsmoralbarometer für Osteuropa zeigt aber auch die Sorgen der Unternehmen im Hinblick auf kurz- und mittelfristige Herausforderungen. Fast 33 Prozent der Unternehmen in der Region sind über die Auswirkungen der wirtschaftlichen Bedingungen auf die Geschäftstätigkeit und Investitionen besorgt. Diese Bedenken werden noch durch verschiedene kritische Faktoren verstärkt, die das gesamte Geschäftsumfeld prägen und strategische Anpassungen und robuste Risikomanagementpraktiken erfordern. „Angesichts der Erwartung eines realen BIP-Wachstums von drei Prozent in der Region und einer Inflationsabschwächung auf das fünf Prozent-Ziel bis zum Jahresende sind die mittel- und osteuropäischen Volkswirtschaften bereit, an Dynamik zu gewinnen, wenn auch in unterschiedlichem Tempo“, erklärt Thomas Langen.
Den vollständigen Bericht mit allen Ergebnissen des Atradius Zahlungsmoralbarometers für Osteuropa 2024 kann von der Atradius-Website heruntergeladen werden.
Deutsche Exporte in Drittstaaten steigen im April
Die deutschen Exporte in Staaten außerhalb der EU sind im April kräftig gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt auf Basis eines Frühindikators mitteilte, erhöhten sich die Ausfuhren in sogenannte Drittstaaten gegenüber dem Vormonat saison- und kalenderbereinigt um 3,7 % auf 62,1 Mrd. Euro. Im Vergleich zum Vorjahresmonat lagen die Exporte um 4,4 % höher.
Nicht kalender- und saisonbereinigt wurden im April nach vorläufigen Ergebnissen Waren im Wert von 63,4 Mrd. Euro in Drittstaaten exportiert. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stiegen die Exporte um 17,5 %. (NfA, 24.05.2024)
ifo-Geschäftsklima stagniert im Mai
Die Stimmung in den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft hat sich im Mai entgegen den Erwartungen nicht aufgehellt. Der ifo-Geschäftsklimaindex stagnierte bei 89,3 Punkten (April revidiert: 89,3), wie das Münchener ifo Institut nach seiner monatlichen Umfrage unter rund 9.000 Managern mitteilte. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte hatten einen Anstieg auf 90,5 Punkte prognostiziert. Für April waren ursprünglich 89,4 Punkte gemeldet worden.
Der ifo-Index zur Beurteilung der aktuellen Lage der befragten Unternehmen sank auf 88,3 Punkte (Vormonat: 88,9). Erwartet worden war ein Anstieg auf 89,6 Punkte. Der Index für die Geschäftserwartungen erhöhte sich auf 90,4 Zähler (revidiert: 89,7). Die befragten Volkswirte hatten einen Anstieg auf 90,9 Punkte erwartet. Basis war ein vorläufiger April-Wert von 89,9 gewesen. (NfA, 28.05.2024)
ifo-Exporterwartungen im Mai gestiegen
Die ifo-Exporterwartungen sind im Mai auf plus 0,3 Punkte von minus 1,5 im April gestiegen. „Positive und negative Antworten gleichen sich fast aus“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfragen. „Die Exportwirtschaft entwickelt insgesamt noch keine große Dynamik.“
Einen deutlichen Zuwachs beim Geschäft mit Ausfuhren erwarten die Getränkehersteller. Ähnliches gilt auch für die Möbelindustrie sowie für die Produktion von Glas und Keramik.
Einen merklichen Dämpfer mussten die Hersteller von Datenverarbeitungsgeräten verkraften. Dort ließen sich die sehr optimistischen Erwartungen aus dem Vormonat nicht aufrechterhalten.
Im Maschinenbau und im Autosektor zeigt sich im Moment wenig Bewegung. Mit einem Rückgang ihrer Exporte rechnen die Textil- und Bekleidungswirtschaft, die Drucker sowie die Metallbranche. (NfA, 29.05.2024)
IWF: BIP-Wachstum beschleunigt sich im kommenden Jahr - Aber Demographischer Wandel macht sich bemerkbar
Deutschlands Wirtschaftswachstum wird sich nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds im Jahr 2025 beschleunigen und 2026 in etwa das Niveau des Vorjahres halten. Mittelfristig ist jedoch mit einer demografisch bedingten Wachstumsabschwächung zu rechnen, wie der IWF in einem Bericht zum Abschluss von Artikel-IV-Konsultationen schreibt. Für 2024 prognostiziert die internationale Institution wie in einem gerade erst veröffentlichten Weltwirtschaftsausblick einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,2 %. Für 2025 und 2026 werden Wachstumsraten von 1 bis 1,5 % vorausgesagt.
„Angesichts steigender Reallöhne wird erwartet, dass der private Konsum 2024 einen bescheidenen und graduellen Aufschwung mit einem realen BIP-Anstieg von 0,2 % ermöglicht, der auch durch die Auslandsnachfrage gestützt wird“, heißt es in dem Bericht. Das wiederum dürfte das Vertrauen der Akteure stärken und den Verbrauch 2025 weiter ankurbeln. „Auch die privaten Investitionen dürften sich 2025 aufgrund der verbesserten Nachfrage und der moderaten Lockerung der Geldpolitik in den Jahren 2024 und 2025 erholen“, prognostiziert der IWF.
Darüber hinaus ist die in Washington ansässige Organisation aber weniger optimistisch. „Mittelfristig wird erwartet, dass die rasche Alterung der Bevölkerung das Wachstum verlangsamen und sich negativ auf die öffentlichen Finanzen auswirken wird.“
Da die Babyboomer in den Ruhestand gingen und die jüngsten Einwanderungswellen nachließen, dürfte dass die jährliche Wachstumsrate der erwerbsfähigen Bevölkerung um rund 0,7 Prozentpunkte sinken - mehr als in jedem anderen G7-Land. „Diese ungünstigen demografischen Entwicklungen dürften das jährliche Wirtschaftswachstum mittelfristig auf rund 0,7 % verlangsamen“, prognostiziert der IWF.
Eine alternde Bevölkerung wird sich nach Aussage des IWF auch negativ auf die öffentlichen Finanzen auswirken, da das Wachstum der Steuereinnahmen zurückgehe und die Ausgaben für Renten und Gesundheitsversorgung stiegen. „Um den steigenden Ausgabenbedarf zu decken, sollten die Behörden eine moderate Lockerung der Schuldenbremse in Erwägung ziehen“, rät der IWF.
Eine gut konzipierte Fiskalregel würde dazu beitragen, dass die Verschuldung auf einem tragfähigen Niveau bleibe. Die deutsche Schuldenbremse sei jedoch relativ eng gefasst, so dass die jährliche Obergrenze für die Nettoneuverschuldung um etwa 1 Prozentpunkt des BIP gelockert werden könnte, während die Schuldenquote weiterhin auf einem Abwärtstrend bliebe.
„Eine solche Lockerung würde mehr Spielraum für dringend benötigte öffentliche Investitionen und andere wichtige Prioritäten schaffen.“ In ähnlicher Weise deuteten erste Anzeichen darauf hin, dass es für Deutschland vorteilhaft sein könnte, in Anwendung des neuen fiskalischen Rahmens der EU den längeren Anpassungszeitraum von sieben Jahren gegenüber dem Standardzeitraum von vier Jahren zu wählen, um fiskalischen Spielraum für öffentliche Investitionen zu schaffen. (NfA, 29.05.2024)
Deutsche HVPI-Teuerung im Mai etwas höher als erwartet
Der Inflationsdruck in Deutschland hat im Mai etwas deutlicher als erwartet zugenommen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtsstieg der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) gegenüber dem Vormonat um 0,2 % und lag um 2,8 % (April: 2,4) über dem Niveau des Vorjahresmonats. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte hatten einen monatlichen Anstieg von 0,2 und eine Jahresteuerungsrate von 2,7 % prognostiziert. Die deutschen Preise sind eine wichtige Teilgröße für die Euroraum-Inflationsdaten. Erwartet wird hier ein Anstieg der Inflationsrate auf 2,5 % (2,4).
Die Europäische Zentralbank befürchtet, dass sich bei einer zu lange zu hohen Inflation die Inflationserwartungen aus ihrer Verankerung lösen könnten, was zu einer Lohn- Preis-Spirale und damit einer Verfestigung des hohen Preisdrucks führen könnte. Die EZB hat ihre Leitzinsen bisher insgesamt um 450 Basispunkte erhöht, zuletzt im September 2023. Für nächste Woche rechnen Analysten mit einer ersten Zinssenkung um 25 Basispunkte.
Der nationale Verbraucherpreisindex Deutschlands stieg im Mai auf Monatssicht um 0,1 und überstieg das Niveau des Vorjahresmonats um 2,4% (2,2). Volkswirte hatten einen monatlichen Preisanstieg um 0,2 und eine Jahresteuerung von 2,5 % prognostiziert. Die Kernteuerung verharrte bei 3,0 %. Waren verteuerten sich auf Jahressicht um 1 (1,2). Die Energiepreise waren um 1,1 (1,2) niedriger als im Vorjahresmonat. Nahrungsmittel kosteten 0,6 (0,5) mehr als vor Jahresfrist, Dienstleistungen verteuerten sich um 3,9 (3,4). (NfA, 31.05.2024)
Exporte steigen im April um 1,6 %
Die deutsche Wirtschaft hat die Ausfuhren im April trotz der flauen Weltkonjunktur spürbar gesteigert. Die Exporteure verkauften kalender- und saisonbereinigt 1,6 % mehr im Ausland als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahresmonat lagen die Ausfuhren 1,9 % höher.
Die Importe stiegen im April um 2 % gegenüber dem Vormonat. Auf Jahressicht ergab sich ein Minus von 0,6 %. Insgesamt wurden im April kalender- und saisonbereinigt Waren im Wert von 136,5 Mrd. Euro aus Deutschland exportiert und Waren im Wert von 114,5 Mrd. nach Deutschland importiert.
Der Außenhandelsüberschuss betrug 22,1 Mrd. Euro. In die EU-Mitgliedstaaten wurden Güter im Wert von 74,1 Mrd. Euro ausgeführt und Waren über 61,3 Mrd. von dort importiert. Im Vergleich zum März stiegen die Exporte in diese Länder um 1,2 % und die Importe aus diesen Staaten um 4,3 %. (NfA, 10.06.2024)
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